Automatisiertes Mahnverfahren mit beA und Kanzleisoftware
Mahnverfahren mit Kanzleisoftware und beA
Anwaltskollegen haben uns berichtet, dass einige Mahngerichte die seit 2018 mit der Kanzleisoftware RA-MICRO erstellten und per Governikus Communicator oder EGVP eingereichten Mahnanträge monieren. Grund der Monierung: die vom Governikus Communicator angebrachte Containersignatur sei unzulässig. Dies wird mit der am 01.01.2018 in Kraft getretenen Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV begründet. Nach § 4 Abs II ERVV sind Containersignaturen nicht mehr zulässig.
Zu beachten ist jedoch, dass § 4 Abs II ERVV auf das Mahnverfahren keine Anwendung findet, da die ERVV nach § 1 ERVV nur für die Übermittlung elektronischer Dokumente gilt. Im automatisierten Mahnverfahren werden jedoch Datensätze/Strukturdaten übermittelt. Diese Auffassung wurde von der Koordinierungsstelle für das automatisierte Mahnverfahren bestätigt.
Beachte: § 4 Abs II ERVV findet auf das Mahnverfahren keine Anwendung.
Rechtsanwälte und Inkassodienstleister müssen Anträge auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids sowie Neuzustellungsanträge ab dem 1.1.2018 in maschinell-lesbarer Form stellen. Die amtlichen Vordrucke können nicht mehr benutzt werden.
Hintergund ist eine Änderung der ZPO auf Grund des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs. Durch eine Änderung der §§ 689 und 702 der Zivilprozessordnung ist ab dem 1.1.2018 die Einreichung der Anträge
• auf Neuzustellung des Mahnbescheids
• auf Neuzustellung des Vollstreckungsbescheids
• auf Erlass des Vollstreckungsbescheids und
für Rechtsanwälte und registrierte Inkassodienstleister im automatisierten Mahnverfahren nur noch in maschinell-lesbarer Form zulässig. Für diese "Folgeanträge" dürfen die amtlichen Formulare von Rechtsanwälten und Inkassodienstleistern nicht mehr genutzt werden.
Hierbei handelt es sich um eine Erweiterung der Nutzungsverpflichtung, die bereits seit dem 01.12.2008 für den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids gilt.
Maschinell-lesbare Anträge können
• im online-Mahnantrag als Barcode-Antrag in Form eines PDF Formular erstellt werden; dieses muss dann ausgedruckt, unterschrieben und postalisch an das Mahngericht versandt werden;
• im online-Mahnantrag als Datei (EDA-Datei) in der "Download-Variante" erstellt werden
• aus einer Fach- oder Branchensoftware erstellt werden.
In den Fällen der Buchstaben b. und c. muss die Datei anschließend elektronisch an das Mahngericht übermittelt werden. Dazu stehen die sicheren Übertragungswege nach § 130 a Abs. 4 ZPO zur Verfügung, namentlich das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA und alle weiteren besonderen elektronischen Postfächer, wie beN, beBPo), DE-Mail, das EGVP (ab 1.1.2018 nur noch die das bisherige EGVP-Classic ersetzenden kompatiblen Nachfolgeprodukte).
Die Verpflichtung zur Einreichung der maschinell-lesbaren Anträge im Mahnverfahren nach § 702 nF ZPO ist nicht zu verwechseln mit einer Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung nach § 130a ZPO bzw. § 130d ZPO, die zum 1.1.2018 noch nicht besteht.
Quelle: https://www.mahngerichte.de/de/aktuelles.html
Rechtsanwälte und Inkassodienstleister können auch nach dem 01.01.2018 weiterhin Mahnanträge per Barcode Mahnantrag einreichen.
Zu dieser Klarstellung sah sich die Koordinierungsstelle der Mahngerichte bereits am vom 19.10.2016 auf Grund diverser Falschmeldungen berufen. Die Meldung im Detail:
Autor/Herausgeber: Ministerium der Justiz und für Europa Baden-Württemberg - Koordinierungsstelle für das automatisierte Mahnverfahren - Stuttgart, 19. Oktober 2016
Rechtsanwälte können auch nach dem 1.1.2018 Barcode-Anträge auf Erlass eines Mahnbescheids stellen und das Portal www.onlinemahnantrag.de dauerhaft nutzen.
In der Septemberausgabe des Berliner Anwaltsblatts, Heft Nr. 9/2016, wird im Artikel „BEA auf der Zielgeraden - Alles, was man wissen sollte“ (vgl. S. 317) mitgeteilt, dass Mahnanträge ab 1.1.2018 ausschließlich elektronisch eingereicht werden könnten und die Variante des Barcode-Mahnverfahrens mit Versand auf dem Postweg ab dann nicht mehr möglich sei.
Diese Aussage ist so nicht richtig. Die Auswirkungen des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten sollen nachstehend erläutert werden.
Anwälte dürfen im Mahnverfahren erst dann kein Papier mehr versenden, wenn das Bundesland, in dem das angerufene Mahngericht seinen Sitz hat, den verpflichtenden elektronischen Rechtsverkehr für Rechtsanwälte eingeführt hat.
Rechtsanwälte und registrierte Inkassodienstleiser sind zwar bereits seit dem 1.12.2008 verpflichtet, Anträge auf Erlass von Mahnbescheiden in maschinell lesbarer Form einzureichen, § 690 Abs. 3 S. 2 ZPO (so genannte „Nutzungsverpflichtung“). Ob ein Antrag maschinell lesbar ist, hat indes mit der im genannten Artikel im Wesentlichen behandelten Frage des Übermittlungswegs nichts zu tun. Dies ist nach dem Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10.10.2013 frühestens ab dem 1.1.2020 bzw. spätestens ab dem 1.1.2022, keineswegs aber ab dem 1.1.2018 der Fall.
Es müssen daher zwei Fragen getrennt voneinander betrachtet werden:
1. In welchem Format muss der Antrag erstellt werden?
2. Wie wird der Antrag bei Gericht angebracht?
Zu 1: Es gibt zwei Möglichkeiten, einen Antrag in maschinell lesbarer Form zu erstellen:
a) Es muss ein Datensatz erstellt werden, der den EDA-Konditionen der Mahngerichte entspricht oder
b) es muss ein Barcode-Antrag erstellt werden.
Dazu kann eine geeignete Kanzleisoftware verwendet werden. Aber auch das Portal www.online-mahnantrag.de stellt beide Möglichkeiten zur Verfügung. Insbesondere ist dort schon jetzt eine Variante verfügbar, die es dem Nutzer erlaubt, einen Datensatz (oben lit.a) zu erzeugen, den der Nutzer herunterladen kann. Das Portal www.online-mahnantrag ist mit dieser Variante für den Anwalt dauerhaft nutzbar, auch über den 1.1.2020 bzw. den 1.1.2022 hinaus.
zu 2: Der Datensatz, gleich ob mit Kanzleisoftware erstellt oder unter www.onlinemahnantrag.de erstellt und heruntergeladen, muss - bereits jetzt - elektronisch an das Mahngericht übermittelt werden. Dazu steht derzeit das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach EGVP zur Verfügung. Die Anbringung einer qualifizierten elektronischen Signatur ist für eine wirksame Einreichung erforderlich.
Künftig sind neben dem „klassischen“ EGVP weitere Übermittlungswege eröffnet, wie das besondere elektronische Anwaltspostfach, DE-Mail usw. Zu beachten ist dabei lediglich, dass diese weiteren Übermittlungswege erst ab dem 1.1.2018 als sog. sichere Übermittlungswege gelten und damit erst ab dem 1.1.2018 signaturfrei genutzt werden können.
Der Barcode-Antrag muss auf Papier übermittelt werden. Er darf nicht heruntergeladen und elektronisch übermittelt werden. Er ist für Anwälte daher längstens bis zu Beginn des verpflichtenden elektronischen Rechtsverkehrs nutzbar.
Fazit: Anwälte können Barcode-Anträge über den 1.1.2018 hinaus so lange auf Papier drucken und beim Mahngericht einreichen, bis bei dem angerufenen Mahngericht der verpflichtende elektronische Rechtsverkehr für Anwälte startet (1.1.2020 oder 1.1.2022). Das Portal www.online-mahnantrag.de können Anwälte dauerhaft nutzen.
Ist beim angerufenen Mahngericht der verpflichtende elektronische Rechtsverkehr für Anwälte eingeführt , ist jedoch die Variante „Download“ zu wählen. Den Übermittlungsweg kann der Anwalt danach frei und passend zu seiner Kanzleiorganisation wählen.
Quelle: https://www.mahngerichte.de/de/aktuelles.html - Download: http://www.elektronischer-rechtsverkehr.de/downloads/STN-Berliner-Anwaltsblatt-Barcode-Antrag.pdf
Das automatisierte Mahnverfahren und das besondere elektronische Anwaltspostfach beA sind immer wieder Gegenstand von Information (beA Newsletter der BRAK). So schrieb die BRAK in Ausgabe 18/2017 v. 04.05.2017 des Newsletters unter der Überschrift "Mahnen mit dem beA":
Das beA bietet bereits jetzt zahlreiche Einsatzmöglichkeiten. Eine davon ist, einen Online-Mahnantrag nach § 690 ZPO zu stellen. Mit Hilfe des Online-Formulars lässt sich das schnell und einfach erledigen. Wer bisher bereits das automatisierte Mahnverfahren via EGVP genutzt hat, kann (auch während eines laufenden Verfahrens) auf die Nutzung des beA umstellen (vgl. dazu Newsletter 3/2016). Die mit dem Online-Formular erzeugten EDA-Datensätze können mit den meisten Kanzleisoftware Produkten ebenfalls ganz komfortabel erzeugt werden. Hierfür muss aber zuvor eine EDA-ID beantragt werden.
Folgende Anträge an das Amtsgericht sind im Elektronischen Datenaustausch (EDA) möglich:
Folgende Mitteilungen vom Gericht werden auf Wunsch im EDA übermittelt bzw. übersandt:
Den Ausführungen folgten dann Anweisungen, wie man auf der Internetseite www.online-mahnantrag.de einen Mahnantrag erstellt, eine Datei herunterlädt um diese dann mit dem beA zu versenden. Hier findet sich schon der erste Widerspruch im Newsletter der BRAK. Während im Text auf das Erstellen von Mahnanträgen mit einer Kanzleisoftware verwiesen wird, folgen in dem Newsletter dann lange Ausführungen zur Beantragung eine Mahnantrags über die Internetseite online-mahnantrag.de.
Im Grund genommen nichts neues. Das EDA Verfahren zum automatisierten Mahnverfahren gibt es schon seit einigen Jahren. Kanzleien, die Mahnverfahren durchführen nutzen EDA seit langem, allerdings kaum über die Internetseite online-mahnantrag.de.
Professsionelle Mahnverfahren werden mit einer Kanzleisoftware wir RA-MICRO abgewickelt. Die Kanzleisoftware ermöglicht die Verwaltung von Forderungskonten und ein effektives Mahnverfahren über den EGVP. Neben dem Einreichung von Mahnanträgen können auch alle Folgeaufträge wie Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheides über die Kanzleisoftware und das EGVP gestellt werden.Dies ist bei Nutzung des beA und dem Versand der über die Internetseite online-mahnantrag.de erstellten Mahndatei nicht der Fall. Hier muss alles weitere manuell über die Internetseite bzw. das beA erfolgen.
Wir raten daher allen Kanzleien weiterhin, Ihre Kanzleisoftware zur Nutzung des maschinellen Mahnverfahrens in Zusammenhang mit dem EGVP zu verwenden.
Wir empfehlen weiterhin, sich mit den Mahngerichten in Verbindung zu setzen um zu klären, bis wann das maschinelle Mahnverfahren mit dem EGVP genutzt werden kann. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen der Abkündigung der EGVP Software und der Beendigung des Zugangsweges EGVP.
Aus unserer Sicht ist diese mindestens bis 01.01.2020 der Fall, da erst ab diesem Zeitpunkt eine aktive Nutzungspflicht für das beA besteht. Wir bitten ebenfalls zu beachten, dass die Mahngerichte eingehende Mahnanträge immer auf dem Kommunikatinsweg beantworten, auf dem die Anträge eingehen.
Das bedeutet: wird ein Mahnverfahren über EGVP eingeleitet, wird per EGVP geantwortet. Wird ein Mahnverfahren per beA eingeleitet, wird per beA geantwortet.
Wichtiger Hinweis für alle Kanzleien, die bisher per Barcode-Mahnantrag eingereicht haben: auch diese Form der Beantragung ist auch nach dem 01.01.2018 weiterhin möglich! Auch Barcode Mahnanträge können mit einer Kanzleisoftware wie RA-MICRO einfach und schnell erstellt werden.
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